Von Gretel zur Strudelstadt – KI-Kompetenzforschung für Lehrkräfte mit CollectiveGPT

Wie Lehrkräfte durch generative KI zu digitalen Gestaltern werden

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Zukunftsszenario mehr – sie verändert bereits heute den Bildungsbereich tiefgreifend. Doch während Schüler:innen immer häufiger KI-gestützte Tools wie ChatGPT nutzen, stehen viele Lehrkräfte vor der Herausforderung, sich diese Technologie selbst zu erschließen. Wie kann generative KI (genAI) sinnvoll in den Unterricht integriert werden? Welche Kompetenzen sind nötig, um diese Technologie kritisch und reflektiert einzusetzen?

Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich die neue Publikation „From Gretel to Strudelcity: Empowering Teachers Regarding Generative AI for Enhanced AI Literacy with CollectiveGPT“ von Benedikt Brünner, Sandra Schön und Martin Ebner (TU Graz) [doi.org/10.3390/educsci15020206]. Die Studie zeigt, wie gezielte KI-Fortbildungen für Lehrkräfte gestaltet werden können – und liefert ein konkretes Workshop-Design, das bereits mit 191 Teilnehmer:innen getestet wurde.


Warum brauchen Lehrkräfte AI-Literacy?

Generative KI bietet enormes Potenzial für das Lehren und Lernen, birgt aber auch Herausforderungen: Wie entstehen KI-generierte Antworten? Wie beeinflusst der Trainingsdatensatz die Ergebnisse? Und welche Risiken bestehen in Bezug auf Manipulation und Verzerrung?

Die UNESCO betont in ihrer AI Competency Framework for Teachers, dass Lehrkräfte über grundlegende KI-Kompetenzen verfügen müssen, um Schüler:innen in einer zunehmend KI-gestützten Lernwelt zu begleiten. Dazu gehören unter anderem:

✅ Verständnis für KI-Technologien
✅ Kritische Reflexion von KI-Ergebnissen
✅ Ethik und Bias in KI-Systemen erkennen
✅ Einsatzmöglichkeiten im Unterricht entwickeln

Doch wie kann eine solche Fortbildung konkret aussehen? Genau hier setzt das Konzept von Brünner, Schön und Ebner an.

Screenshot von CollectiveGPT

Das CollectiveGPT-Workshopmodell: Interaktiv, praxisnah und skalierbar

Die Autor:innen entwickelten ein interaktives Workshop-Format, das speziell auf die Bedürfnisse von Lehrkräften zugeschnitten ist. Die Grundidee: Lehrkräfte sollen selbst erleben, wie generative KI funktioniert – nicht nur theoretisch, sondern durch praktische Aufgaben und Vergleiche mit menschlichen Antworten.

So läuft der Workshop ab:

1️⃣ Teil der kollektiven Antwort sein: Durch gezielte Prompts („Hänsel und ___“, „Die Hauptstadt von Frankreich ist ___“) vergleichen die Teilnehmenden ihre eigenen Antworten mit KI-generierten Texten.
2️⃣ Kontextualisierung von Daten: Zeigt, wie sich KI-Antworten je nach Formulierung und Einbettung verändern.
3️⃣ Training: Hilft Teilnehmenden zu erkennen, dass KI keine echten „Wissenslücken“ füllt, sondern nur bekannte Muster reproduziert.
4️⃣ Der Aha-Moment: Ein versteckter Manipulationstrick wird enthüllt – eine systematische „Prompt Injection“ zeigt, wie leicht KI-Ergebnisse beeinflusst werden können.

Der Workshop setzt genau hier an und behandelt all diese Themen aus dem Schulkontext. Ziel ist es, Fragen wie „Wie kann KI den Unterricht bereichern?“, „Welche Herausforderungen bringt sie mit sich?“ und „Wie können Schüler*innen lernen, KI-Ergebnisse kritisch zu hinterfragen?“ praxisnah zu vermitteln.

Ergebnisse: Deutlich bessere KI-Kompetenzen

Die Auswertung der Workshops zeigt: 70 % der Lehrkräfte bewerten ihr KI-Wissen nach dem Workshop besser. Die Durchschnittsnote verbesserte sich um eine ganze Schulnote! Besonders gelobt wurden die Interaktivität, Praxisnähe und die verständlichen Beispiele.


„Strudelstadt“ und die Macht der Manipulation – ein Highlight des Workshops

Ein besonderes Highlight war der experimentelle Prompt mit Strudelstadt. Den Teilnehmer:innen und der KI wurde die Aufgabe gestellt, eine Geschichte zu vervollständigen. In einer lustigen Geschichte sei die Hauptstadt von Frankreich in „Strudelstadt“ umbenannt worden. Sowohl die KI als auch Menschen passte sich diesem manipulierten Prompt an und „vergaßen“ Paris als eigentliche Hauptstadt – ein eindrucksvolles Beispiel für die Manipulationsanfälligkeit von LLMs.

Durch solche spielerischen, aber konkreten Experimente entwickelten die Lehrkräfte nicht nur ein technisches Verständnis für generative KI, sondern auch eine kritische Sensibilität für deren Risiken.


Fazit: Ein Modell für die Lehrkräftefortbildung der Zukunft

Die Studie liefert nicht nur einen wissenschaftlich fundierten Ansatz, sondern auch ein direkt anwendbares Workshop-Design, das in Lehrkräftefortbildungen, Schulen oder Universitäten eingesetzt werden kann. Die Ergebnisse sprechen für sich:

💡 Hohe Akzeptanz: Lehrkräfte schätzen den praktischen, interaktiven Ansatz.
📈 Messbarer Kompetenzzuwachs: Selbstbewertung der KI-Kenntnisse verbessert sich signifikant.
🔄 Skalierbarkeit: Das Workshop-Konzept funktioniert sowohl online als auch in Präsenz und ist flexibel anpassbar.

Mit diesem innovativen Ansatz tragen die Autor:innen dazu bei, Lehrkräfte fit für den Einsatz von KI im Unterricht zu machen. Denn nur wer KI versteht, kann sie sinnvoll und verantwortungsvoll nutzen!


📖 Mehr erfahren:

🔗 Zur OriginalpublikationMDPI Open Access

Brünner, B., Schön, S., & Ebner, M. (2025). From Gretel to Strudelcity: Empowering Teachers Regarding Generative AI for Enhanced AI Literacy with CollectiveGPT. Education Sciences15(2), 206. https://doi.org/10.3390/educsci15020206


🔗 GitHub Repository zum Tool „CollectiveGPT“github.com/ed-tech-at/CollectiveGPT

🔗 Blogpost zum Workshopbildungsinformatik.at/2024/collective-gpt/

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